Gelder der Info-Fakultät genügen nicht mehr für Hausaufgabenkorrekturen
Analyse/Meinung
Die StuZuKo entschied kürzlich aufgrund zu niedrigen Budgets einen neuen Verteilungsschlüssel für Studienzuschüsse innerhalb der Fakultät
Kürzlich entschied die Studienzuschusskommission (StuZuKo), dass aufgrund der zu unsicheren Budgetlage Tutor:innen keine Hausaufgaben mehr kontrollieren sollen und nur noch eine stark eingeschränkte Zeit für die Klausurenkontrolle haben.
Die Beschlüsse und ihr Geltungsbereich
Die StuZuKo hat für das Sommersemester 2023 beschlossen, dass Tutor:innen keine studentischen Hausaufgaben während des Semesters mehr korrigieren sollen. Das baut auf den im letzten Jahr schon geltenden kürzeren Korrekturzeiten pro Klausur - gerade einmal 15 Minuten pro Klausur sollen nun eingerechnet werden. Das soll das Lehrbudget entlasten, damit zumindest die Anzahl der Tutor:innenstunden in Präsenz und Online unberührt bleibt und Tutorien in hinreichend kleinen Gruppen abgehalten werden können. Zudem soll die Unterstützung studentischer Tutor:innen bei der Klausurkorrektur weiter möglich bleiben - obwohl diese fragwürdige Praxis ebenfalls eine Eigenart der Informatik-Fakultät ist. Von diesen Beschränkungen ausgenommen sind bis auf Weiteres einige große Pflichtfächer wie “Theoretische Informatik” oder “Diskrete Wahrscheinlichkeitstheorie”.
All das wurde unter dem Druck unzureichender Geldmittel der Fakultät entschieden, der bereits seit einigen Jahren zunehmend stärker wird. Die Beschlüsse gelten nominal für den Haushalt des ganzen Jahres, also Sommer- und Wintersemester zusammen. Dennoch sind diese Beschlüsse zunächst nur im Sommersemester gültig, da der Haushaltsplan stets zum neuen Semester nachjustiert wird um auf die neue Situation angemessen reagieren zu können.
Die Haushaltsplanung geht stets von einem größeren Kostenpunkt (Verhältnis 6:4 im Vergleich zum Sommersemester) im Wintersemester aus, da hier relativ viele Pflichtfächer des ersten und zweiten Semesters gleichzeitig stattfinden, und dementsprechend mehr Mittel gebraucht werden. Daher wird über das Sommersemester hinweg möglichst gespart, um im Wintersemester mehr Geld als geplant übrig zu haben. Sollte das auch dieses Jahr wieder gelingen, wäre eine Wiedereinführung der Hausaufgabenkorrektur möglich.
Die Arbeit der Studienzuschusskommission
Die StuZuKo besteht paritätisch aus Vertretern der Studierenden, sowie der Fakultät. Sie muss jedes Jahr einen Haushaltsplan vorlegen, in dem aufgeschlüsselt ist, wie mit Studienzuschüssen, die der Fakultät zur Verfügung stehen, konkret umgegangen werden soll. Diese Studienzuschüsse werden vom Land Bayern ausgeschüttet und von der TU an die einzelnen Fakultäten je nach Studierendenanzahl und einigen weiteren Kriterien verteilt. Sie sollen laut Satzung zur “Verbesserung der Lehre, Verbesserung der Infrastruktur und Verbesserung des Studentenservice” eingesetzt werden. Daher wird aus diesem Topf verschiedenes bezahlt, von Dauerstellen in z.B. der Studienberatung bis hin zu Zuschüssen für den Druck von Skripten.
Leider aber auch Tutor:innen, und zwar ausschließlich. Kaum eine andere Fakultät muss Tutor:innen aus Zuschüssen finanzieren, aber die TU-weit größte Fakultät biegt sich inzwischen deutlich unter der Last von tausenden Studierenden; dennoch werden die Tutoren nicht als integraler Bestandteil der Lehre angesehen und dementsprechend dienen sie laut Satzung gerade einmal zur “Verbesserung der Lehre”. Wer aber dort studiert, merkt schnell: Die Hauptarbeit der Wissensvermittlung geschieht nicht über die Vorlesungen, sondern in den Tutorien von hunderten unterbezahlten studentischen Tutoren:innen.
Zwar machen Sachkosten und Dauerstellengehälter knapp über 50 % der Ausgaben aus, Tutor:innenngehälter sind aber mit Abstand der größte Einzelposten, für den die Studienzuschüsse ausgegeben werden. Somit sind Kürzungen in der bezahlten Zeit an dieser Stelle ein sehr effektiver Weg um studentische Tutor:innen zwar zu ermöglichen, alle Kosten aber im Rahmen zu halten.
Daher wird Jahr für Jahr entschieden, an welcher Stelle Ausgaben eingespart werden können, um den Lehrbetrieb möglichst wenig zu belasten. Die Erhöhungen von Gruppengrößen, Kürzungen der Stunden und jetzt das Weglassen von Hausaufgabenkorrekturen ermöglichen gerade so einen sinnvollen Betreuungsschlüssel von Tutor:innen auf Studierende von etwa 30 Pro Tutorgruppe. Zudem würden (mal wieder) die Räumlichkeiten fehlen, um noch größere Gruppen unterzubringen.
Das Land Bayern möchte die Exzellenz der TUM, aber nicht die vollen Kosten
Dieser Missstand verschlimmert sich natürlich, da jedes Semester mehr Studienanfänger:innen an die Informatik Fakultät kommen und auch während der Coronasemester kaum Studierende von der Informatik in andere Fakultäten oder Ausbildungswege gewechselt haben. Es zeigt sich also deutlich: Hier besteht Reformbedarf.
Insbesondere der Ausbau eines akademischen Mittelbaus bestehend aus Doktorand:innen und Lehrstuhlmitarbeiter:innen wäre mittelfristig eine sinnvolle Maßnahme. Sie könnten Übungsleitungen und Tutor:innen stellen, und damit die studentischen Hilfskräfte entlasten. Doch dafür fehlt es vor allem an Geld vom Land, und den Räumlichkeiten um sie unterzubringen - ein strukturelles Problem.
Die TU München hat zwar viele Geldquellen und Sponsoren, doch die meisten Mittel, die ihr zur Verfügung stehen, sind zweckgebunden - für alles außer der Lehre. Dazu kommt, dass öffentlichen Bauprojekten (wie einer Erweiterung des MI - Gebäudes) viele bürokratische und rechtliche Hürden entgegenstehen - und niemand will ein zweites Galileo in öffentlich privater Partnerschaft.
Hier wäre das Staatsministerium für Wissenschaft und Kultur (StMWK) gefragt - ein der Realität angemessenes Budget für Anstellungen von Tutor:innen, das auch so bezeichnet wird wäre bitter nötig. Kurzfristig muss aber allgemein mehr Geld für die Lehre bereitgestellt werden. Langfristig müsste öffentliches Bauen für Universitäten verschlankte Genehmigungsprozesse erhalten, aber das ist eine Diskussion, die im Landtag Bayern entschieden werden muss.
Was kann getan werden
Die Studienzuschusskommission arbeitet bereits an einer Beschwerdeschrift an die TUM, die die Zustände beklagt - denn die internen Beschwerden, die schon seit einiger Zeit immer wieder auf eine Reform dieses Finanzierungsproblems drängen führten bisher zu nichts. Das Projekt ist aktuell jedoch in einer langsamen Phase - die TU München ist laut Aussagen einer anonymen Quelle bereits hinreichend im Bilde und tut ihr Nötiges um unbürokratisch Mittel für die Fakultäten bereitzustellen. Hier braucht es die Aufmerksamkeit des StMWK um nachhaltig mehr Mittel für die Lehre zu haben.
Ein Weg Aufmerksamkeit zu generieren wäre ein von der StuZuKo blockierter Haushalt, der ein Jahr ohne Tutor:innen bedeuten würde - eine Art verordneter Generalstreik. Dieser wäre theoretisch in der Lage den Lehrbetrieb für mehrere Semester nahezu vollständig stillzulegen, da der akademische Mittelbau aus Doktorand:innen und Lehrstuhlmitarbeiter:innen fehlt, der studentische Tutoren:innen ersetzen könnte - sogar Übungsleitungen sind ja inzwischen teilweise von Studierenden besetzt, die dafür ihren Studienfortschritt ein Semester lang effektiv einfrieren müssen.
Ein solcher verordneter Generalstreik erreicht in erster Linie aber nicht die TUM und schon gar nicht das StMWK, sondern die Studierenden in ihrem individuellen Lernfortschritt, sowie ihre Ergebnisse bei den Klausuren der bestreikten Semester. Womit beiden beizukommen ist, ist ein angekratztes Exzellenz-Image der TU, ein Abstieg in den Rankings. Das wäre aber nur nach sehr vielen Semestern fehlender Tutor:innen zu bemerken und dann auch nicht mehr einfach so umkehrbar. Daher müssen andere, neue Wege gedacht werden - auch politisch. Die TUM selbst muss den politischen Einfluss, den sie hat geltend machen, und dafür muss dieses drängende Problem als genau das wahrgenommen werden. Ansonsten ist auch am 8. Oktober wieder Landtagswahl - schreibt doch mal euren Repräsentanten im Landtag. Eine Übersicht findet ihr hier.
Denn es darf nicht dazu kommen, dass dieses Problem auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen wird.
Dankeschön
An Tim der mich auf das Thema aufmerksam gemacht hat, und vielen Dank auch an meine Quellen, die lieber anonym bleiben möchten.
Quellen und Links
Informationen der TU München zur StuZuKo, sowie ein Link zur Satzung die Studienzuschüsse betreffend Link - 2023-03-17T12:03
Allgemeine Informationen und Links zu den Gremien der Studierendenvertretung Link - 2023-03-17T12:07
Fragen an aktuelle studentische Vertreter:innen können hierhin gerichtet werden : qz-in@fs.tum.de
Sachkosten und Fördermöglichkeiten aus Studienzuschüssen Link - 2023-03-17T12:19